Hinweis: Dieser Text wurde aus der Rheinischen Post übernommen. Er wurde von Julia Hagenacker verfasst. Unter folgendem Link geht es zur Rheinischen Post Moers.
Dass in der Politik – ganz gleich auf welcher Ebene und bei welcher Partei – einschneidende personelle Entscheidungen anstehen, erkennt der Außenstehende nicht selten daran, dass Wahlversammlungen plötzlich sehr gut besucht sind. Die, die sich wählen lassen wollen, aktivieren ihr Lager: Das gehört zum „Spiel“ dazu. Für Donnerstagabend hatte der Ortsvorstand der Moerser FDP in die Gaststätte „Zum Burgfeld“ eingeladen. Auf der Tagesordnung: die Wahl des Bürgermeisterkandidaten und der Reserveliste für die Kommunalwahl 2020. 53 von insgesamt 93 Parteimitgliedern nahmen bei wunderschönem Sommerwetter freiwillig in einem entsprechend aufgeheizten Kneipen-Saal Platz, darunter auch viele Jungliberale. Es musste also etwas Entscheidendes in der Luft liegen. Und so war es. Am Ende stand ein Generationenwechsel, vorher eine Kampfkandidatur.
Als Verlierer des Abends verließ der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Otto Laakmann die Versammlung. Zuvor war Parteichef Martin Borges (58) bei der Wahl für den Listenplatz zwei gegen das Urgestein der Moerser Liberalen angetreten. Das Ergebnis fiel überraschend eindeutig aus: 44 der 53 anwesenden stimmberechtigten Mitglieder sprachen sich für Borges als Fraktionsmitglied „Nummer zwei“ hinter dem kurz vorher auf Listenplatz eins gewählten Bürgermeisterkandidaten Dino Maas aus, nur sieben votierten für Otto Laakmann. Der hatte zuvor eindringlich für sich und seine kommunalpolitische Erfahrung geworben.Seit 1979, so Laakmann, sei er für die FDP in Moers tätig. Für die Belange der Liberalen in Moers habe er sich auch in den schwierigen Jahren, von 1984 bis 1989 und von 1994 bis 1999, als die FDP im Moerser Rat nicht vertreten war, eingesetzt. Deshalb habe es ihn sehr gewundert, dass der Parteivorsitzende ihn erst am Montag dieser Woche darüber informiert habe, dass er auf seine erneute Kandidatur für den Stadtrat aus Altersgründen verzichten wolle. „Ja, es stimmt, ich bin 73 Jahre alt und in diesem Jahr bereits 50 Jahre FDP-Mitglied“, erklärte Laakmann. Das erklärte Ziel, bei der nächsten Kommunalwahl mehr als zehn Prozent der Wählerstimmen in Moers zu holen, könne aber nur erreicht werden, wenn erfahrene Kommunalpolitiker mit der Jugend gemeinsam dafür einträten.Das sah die Mehrheit der Liberalen am Donnerstag eigentlich genauso, wohlgemerkt – mit konkreter Altersbeschränkung. Der Hinweis kam aus den Mitgliederreihen: Bereits auf einer Klausurtagung der Moerser FDP vor einigen Wochen sei die Frage thematisiert worden, ob Menschen, die älter als 70 Jahre sind, auf Listen der Digitalpartei FDP richtig aufgehoben seien, hieß es. Otto Laakmann muss das damals überhört haben. Vielleicht hielt er die Diskussion auch für einen Scherz. Heute wissen wir: Der nachvollziehbare Plan, die Fraktion zu verjüngen, war dort bereits geschmiedet. Am Donnerstag wurde er umgesetzt.
Auf Platz drei der Reserveliste wählten die Moerser Liberalen Tien Vo: 29 Jahre alt, Medizinstudent, Mitglied des Studierendenparlaments, Sachkundiger Bürger und Stellvertreter im Behindertenbeirat. Platz vier war vom Vorstand ursprünglich für Paul Süßer – Fraktionsmitglied, 63 Jahre alt – vorgesehen. Aus Loyalität zu Laakmann und mit Hinweis auf sein „auch nicht mehr jugendliches Alter“ wollte Süßer allerdings für keine weitere Runde im Stadtrat zur Verfügung stehen. Auf seinen Platz rutschte deshalb der 18 Jahre alte Chef der Moerser JuLis Henrik Stachowicz, ab Oktober VWL-Student. Vielseitig, engagiert und erfolgversprechend sei dieses neue Team, das vom Parteivorstand einstimmig gewählt worden sei, betonte der gelernter Werkzeugmacher, Diplomingenieur und heutige Berufsschullehrer Borges. Dass einem ohne Frage erfahrenen Parteikollegen wie Otto Laakmann in einer solchen Situation keine beratende Aufgabe „hinter der ersten Reihe“ angeboten wurde, wird wohl seine Gründe haben. Von außen betrachtet ist das vor allem eines: schade.